Der Tagesablauf 

 

Sammelzeit – Kulturmaterialien, industriell gefertigtes Spielmaterial 

Um 7:00 Uhr beginnt der Tag im Waldkindergarten „Jahreskreis“ in St. Georgen/Sandhof und die Eltern bringen ihre Kinder zur Basisstation. Im Winter wird die Zeit bis ca. 7:45 Uhr in der Basisstation, einem alten dafür eingerichteten Stadtbus, verbracht. In den warmen Monaten wird diese Zeit auch im Freien genossen. In dieser Zeit stehen den Kindern Papier, Stifte, diverse Montessori Spielmaterialien, sowie Bausteine, Puzzles usw. zur Verfügung. Bis 8:30 Uhr sollten alle Kinder eingetroffen sein, denn dann beginnt der Morgenkreis. 

Morgenkreis – Musik, Rhythmus, Farben, Mathematik und Demokratie 

Beim Morgenkreis begrüßt sich die Waldgruppe meist mit einem Lied oder einem Singspiel, passend zum Thema bzw. Schwerpunkt. Gelegenheit für die beiden Pädagoginnen, die Befindlichkeit innerhalb der Gruppe festzustellen und entweder auf eine neue Situation innerhalb der Gruppe oder auf wetterbedingte Anlässe zu reagieren. Da im Waldkindergarten situationsorientiert gearbeitet wird, ist es oft so, dass aufgrund von Veränderungen (z.B. Wetterbedingungen, 
erster Schnee, erster Frost) das Thema, über das im Morgenkreis gesungen oder gesprochen wird, kurzfristig verändert wird. Zu den Fixpunkten des Morgenkreises gehört das Zählen der Kinder, welches von einem ausgewählten Kind der Gruppe durchgeführt wird. 
Musik, Rhythmus, das spielerische Einüben von Zahlen, sowie genaues Zuhören, Beobachten und Verstehen, gehören somit zum Morgenkreis. Oftmals werden demokratische Abstimmungen über den Tagesverlauf veranstaltet (z.B. “Welchen Waldspielplatz wollt ihr heute aufsuchen?“). Diese Aktivität bietet den Kindern Gelegenheit, Demokratie bzw. Mitbestimmungsrecht zu erleben, sowie ein Verständnis für Mengenrelationen zu erlangen. Nach dem Morgenkreis geht es los in Richtung gewählter Waldplatz. 

Der Weg in den Wald – motorische Schulung, Sozialisation, Merkfähigkeit, Orientierung, entdecken, beobachten 

„Der Weg ist das Ziel!“ Nach diesem Motto begibt sich die Waldgruppe täglich zum besprochenen Waldplatz. Dieser Weg in den Wald ist in Treffpunkten eingeteilt, zu denen jedes Kind in seinem individuellen Tempo gelangen darf. Am vereinbarten Treffpunkt wird gewartet, bis alle Kinder da sind und danach wird wieder weiter marschiert. Manche Kinder laufen, andere hingegen spazieren gemütlich, denn unterwegs gibt es viel zu entdecken und zu besprechen.  
Der unebene Waldboden eignet sich ganz besonders um grobmotorische Fähigkeiten zu schulen. So laden auch die kleinen Hügel und Abhänge an den Treffpunkten zum Klettern, Auf- und Abrennen sowie zum Rutschen ein. Der Wald ist ein wunderbares Entdeckerparadies für kleine Forscher- und Forscherinnen. Pflanzen, kleine Tierchen, Steine, Stöcke – all das ist interessant und wird von den Kindern genau erforscht. Im Matsch wird gezeichnet oder die eine oder andere Fußspur betrachtet und verglichen. Entdeckungen, die unsere Jüngsten machen und von denen sie fasziniert sind, wie beispielsweise eine 
Kaulquappe, nehmen wir Pädagoginnen dann auf, um dieses Thema näher zu besprechen. 

Das freie Spiel - Weltaneignung, Kommunikation, soziale Beziehungen, Kreativität, Konzentration, Motivation, Eigenverantwortung, Feinmotorik 

Beim Waldplatz angekommen, dürfen die Kinder ihre Rucksäcke abnehmen und es folgt eine längere oder kürzere Freispielphase, je nachdem wie intensiv die Kinder bereits am Weg zum Waldplatz beschäftigt waren.  
„Kann ein Kind ungestört spielen und den Spannungsbogen bis zum Schluss verfolgen, bildet sich die Grundlage der Motivation, des bewussten Willens, der Konzentration sowie dem Bedürfnis, Dinge zu Ende zu führen“ (vgl. Del Rosso S., 2010, S. 90) 
Freies Spiel im Waldkindergarten bedeutet für die Kinder, selbstbestimmtes Spiel sowohl in Bezug auf die Zeiteinteilung während der Freispielphase, als auch auf die Wahl des Ortes (innerhalb der von den Pädagoginnen festgesetzten Grenzen) und auch auf die Auswahl von Materialien. Die Kinder entscheiden selber, ob sie lieber alleine spielen, sich in einer Gruppe von spielenden Kindern anschließen, oder sich selber einen Spielpartner suchen. (vgl. Miklitz I., 2005.S.114)  
Das erfordert soziale und kommunikative Kompetenzen. Sprache wird somit zum wichtigsten Spielmittel. Auch müssen in einer Gruppe von Kindern Regeln ausgehandelt werden und etwaige Konflikte konstruktiv gelöst werden. Kinder lernen im Waldkindergarten, sich autonom und selbständig zu beschäftigen, eigeninitiativ zu sein d.h. mit dem zur Verfügung stehenden Materialien und Gegebenheiten ihre Zeit zu gestalten, was sowohl ihre Selbstkompetenz, ihr Selbstbewusstsein als auch ihre Kreativität entwickeln lässt. 

 Händewaschen – Reinlichkeitserziehung, Gesundheit, Rollenwechsel, motorische Übung, Mengen abschätzen, Geometrie 

Um ca. 9:30 Uhr ertönt ein akustisches Signal, das alle Kinder zum Händewaschen ruft. Es kündigt die Jause an. Die Kinder packen ihre Jause aus und legen ihre Sitzmatten in einem Kreis auf, was Raum- bzw. geometrisches Verständnis erfordert. In den kalten Monaten wird im beheizten Bus gegessen, während bei Regen der Jausen Kreis im Wald unter einer Plane stattfindet. Nach dem Auspacken der Rucksäcke, das eine tägliche feinmotorische Herausforderung darstellt, versammeln sich die Kinder zum Händewaschen. Jeden Tag übernimmt ein anderes Kind die Rolle des „Händewaschbestimmers“  und darf sich drei Gehilfen aussuchen. Zwei davon übernehmen dann das Waschen der Hände. D.h., dass sie von Kind zu Kind gehen, übergießen die Hände zuerst mit Seifen- dann mit klarem Wasser, und die beiden anderen Kinder fungieren als „Handtuchhalter“ und sind beim Abtrocknen der Hände behilflich. Das Händewaschen mit je einer Flasche mitgebrachten Seifen- und klarem Wasser erfordert Geschicklichkeit, sowie gutes Abschätzen der vorhandenen Wassermenge. Dadurch wird zusätzlich auch gleichzeitig der sparsame Umgang mit der Ressource Wasser vermittelt. Die Kinder üben bei der Gelegenheit geduldig zu sein und zu warten, bis sie an der Reihe sind. Sich vor dem Essen die Hände zu waschen, ist eine fixe Regel. 

Jause – Gesundheit, Literatur, Kognition, pädagogisches Angebot 

Die Jause bietet tagtäglich Gelegenheit, das Thema Gesundheit zu besprechen. Die Waldkinder wissen, wenn man im Wald unterwegs ist, braucht man eine gesunde vollwertige Jause, und die schmeckt auch wunderbar. Tee wärmt den Körper, und wenn er nicht gesüßt ist, bleiben Bienen und Wespen fern. Die Kinder begreifen, was der Gesunderhaltung ihre Körpers nützt, denn sie können es unmittelbar erfahren. Ein Fingerspiel, ein Sinnspruch oder ein paar Worte des Dankes für das gute Essen leiten dann die Jause ein. Wir nehmen uns genug 
Zeit, die Jause zu genießen und es bleiben auch jene Kinder, die eher schnelle Esser sind noch sitzen, denn gegen Ende der Jause, während einige Kinder noch ihren Tee trinken, ist Gelegenheit für ein pädagogisches Angebot, das entweder aus einer Geschichte oder Rätseln und vielem mehr besteht. Das Legen von Bildgeschichten zu etwaigen Themen wird praktiziert, oder fallweise werden auch physikalische oder chemische Experimente gemeinsam mit den Kindern durchgeführt.  
Nach der Jause gibt es wieder freie Spielzeit oder pädagogische Angebote bis um ca. 11:30 Uhr. Etwa 5-10 Minuten vorher erfolgt ein akustisches Signal, das den Kindern anzeigt, dass ihre Spielzeit bald zu Ende ist. Nach dem zweiten akustischen Signal, hängen die Kinder ihre Rucksäcke um und dann wird wieder von Treffpunkt zu Treffpunkt aus dem Wald gewandert. 

Schlusskreis – Reflexion, Merkfähigkeit, Gruppenerfahrung, Sprache 

Der Schlusskreis um ca. 12:00 Uhr bietet die Gelegenheit, den vergangenen Vormittag zu reflektieren. Themen und Geschehnisse des Tages werden nochmals aufgegriffen und nachbesprochen. Die Kinder erzählen, was sie heute erlebt haben, was sie beschäftigt hat, oder was ihnen besonders gut gefallen hat. Sie üben somit das Sprechen vor einer Gruppe, sowie das aufmerksame Zuhören. Gemeinsam wird dann, wenn noch genügend Zeit ist, ein Kreisspiel gemacht oder ein Lied gesungen. 

Abholzeit – Schreiben und Zeichnen mit Kulturmaterialien 

In der Zeit zwischen 12:30 Uhr und 13:30 Uhr können die Kinder bei der Basisstation wieder abgeholt werden. Diese Zeit nützen die Kinder gerne um noch eine weitere Mahlzeit einzunehmen sowie zum freien Spielen.